Rund um Thun von A-Z

STEFFISBURG
August 2021 Besuch bei Gemeindepräsident Jürg Marti

Ich treffe bereits vor dem Gemeindehaus auf Jürg Marti, als ich die Gemüsehochbeete der Verwaltung bewundere. Er nimmt mich gleich mit an seinen Lieblingsort. Wir fahren mit dem gemeindeeigenen Elektroauto- Steffisburg ist seit 2014 Energiestadt- auf den Hartlisberg. Hier oben bietet sich eine prächtige Aussicht über das Dorf hinweg zum Thunersee bis zu den Berner Alpen. Der Gemeindepräsident kommt hierher, um in die Weite zu schauen und den Ausblick zu geniessen. Ob der See das einzige sei, was seinem Dorf fehle? So ein See sei halt ruhiger und einladender als die Zulg, denn dieser Fluss teile das Dorf, im Sommer aber biete sie viel Erholungsraum und sei eine Lebensader.

Wir sprechen über die Wasserversorgung. Jürg Marti sagt, dass dieses wichtige Allgemeingut sorgfältig bewirtschaftet werden müsse und dafür die regionale Zusammenarbeit unabdingbar sei. Die Unabhängigkeit müsse gewährleistet bleiben. Hier am Hartlisberg hat es einige Quellen und Reservoirs für die Wasserversorgung des Dorfs.

Aus aktuellem Anlass diskutieren wir auch ausgiebig über Bildungspolitik. Steffisburg hat im Gegensatz zu Thun im Bildungsreglement festgehalten, dass je nach Klassengrösse die SpezSek zusammen mit der Sek unterrichtet werden kann. Flexible Modelle lassen vielfältige Lösungen zu, das wurde hier bereits erfolgreich getestet.

Ein grosses Projekt ist die Ortsplanungsrevision, worin das Baureglement für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde festgelegt wird. Die OPR bedeutet, im Gesamtinteresse der Gemeinde Lösungen für die Gesamtbevölkerung zu finden. Die Revision ist ein langwieriger Prozess, der viel Fingerspitzengefühl erfordert. Jürg Marti versuchte, alle Beteiligten abzuholen mit verschiedenen Informationsanlässen und Mitwirkungsmöglichkeiten. Für die OPR ist jetzt eigentlich alles aufgegleist, aber die Volksabstimmung wird erst nächstes Jahr stattfinden.

Wie es um das Verhältnis von Steffisburg zu Thun stehe, will ich wissen. Thun sei der grosse Bruder seiner Gemeinde und wie es so sei, gebe es in Geschwisterbeziehungen neben festen Banden ab und zu auch Meinungsverschiedenheiten. Steffisburg hat 2020 mit Schwendibach fusioniert, was problemlos über die Bühne gegangen sei, deshalb frage ich auch nach einem Zusammenschluss mit Thun. Diese Frage müsste die Bevölkerung beantworten. Bisher sei dieses Thema nicht vertieft diskutiert worden. Jürg Marti ist der Meinung, dass Fusionen von kleineren Gemeinden durchaus sinnvoll sein könnten, aus finanziellen, organisatorischen oder Ressourcen Gründen.

Der nahende Abschied vom Gemeindepräsidium tut weh, obwohl es ein eigener freier Entscheid war. Jürg Marti findet, dass er in den 13 Jahren seiner Amtszeit viel gestalten und einen Beitrag an die Entwicklung seiner Gemeinde leisten konnte. Er ist die Arbeit mit der Einstellung eines Leistungssportlers angegangen: mit einem klaren Ziel vor Augen, für dessen Erreichen er alles gegeben hat. In einer Gemeinde wie Steffisburg ist das Amt des Präsidiums sehr viel genereller im Vergleich zu einer spezialisierten Aufteilung, grosse Projekte liegen immer direkt in dessen Händen. Von Berufs wegen Betriebsökonom, beurteilt er alle Situationen und Herausforderungen auch aus diesem Blickwinkel. Das Jahr 2020 mit Corona erlebte Jürg Marti als riesige Herausforderung, dazu kam der schmerzliche Verlust eines leitenden Mitarbeiters und so stellte er sich die Sinnfrage im Zusammenhang mit dem politischen Amt. Nun sei es Zeit, neuen Kräften Platz zu machen und die grossen anstehenden Projekte in andere Hände zu übergeben. Jürg freut sich auf die neue Freiheit und legt mir gleichzeitig sein Konzept für die Amtsübergabe vor, damit die Kontinuität für die Gemeinde gesichert wird. Auch am Schluss mit Weitblick und Herz im Einsatz für Steffisburg.

Jürg, herzlichen Dank für den Einblick in deine Gemeindewelt!