Schule wird zum Lebensraum
Mit dem neuen Schuljahr definiert die Stadt Thun Schule neu: An der Primarschule Gotthelf können Kinder die Schule erstmals als Ganztagesschule erleben. Drei Tage pro Woche verbringen sie von Morgen bis Mitte Nachmittag in der Schule. Das Angebot startet in zwei jahrgangsgemischten Klassen (1./2. Klasse und 3./4. Klasse). Gleichzeitig mit dem Pilotprojekt Ganztagesschule wurde in Allmendingen der elfte Tagesschulstandort eröffnet. Unbestritten entspricht die Tagesschule einem Bedürfnis der Familien und ist in der Bevölkerung breit verankert.
Das Pilotprojekt Ganztagesschule verbindet Unterricht und Betreuung am gleichen Ort und in der gleichen Gruppe und stellt damit die folgerichtige Weiterentwicklung auf dem Weg zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar. Mit der Ganztagesschule bietet Thun beiden Elternteilen ein Angebot, das es ihnen ermöglicht, neben der Familienarbeit so weit berufstätig zu sein, dass sie ihre berufliche Karriere weiterführen können.
In einer Ganztagesschule arbeiten Lehr- und Betreuungspersonen sowohl beim Unterricht wie auch bei der Betreuung Hand in Hand. Unterricht, Betreuung und Freizeit gehen ineinander über, was den Kindern Kontinuität und Sicherheit schenkt. In dieser vertrauten Umgebung können sie ihre Persönlichkeit entfalten und sich weiterentwickeln.
Kinder verbringen sehr gerne Zeit mit anderen Kindern, das ist unbestritten. Der verlängerte Aufenthalt in der Schule eröffnet neue Möglichkeiten. Lernen, Spiel, Bewegung und Freizeit bilden ein Ganzes und somit eine natürliche Lernumgebung, innerhalb einer klaren und sinnvollen Tagesstruktur, die ihre soziale Kompetenz fördert und den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe stärkt.
Die engere und vielseitigere Zusammenarbeit mit den Lehr- und Betreuungspersonen trägt zudem zu einem intensiveren Vertrauensverhältnis bei. Wie auf Ausflügen oder in Klassenlagern erleben die Kinder in der Ganztagesschule ihre Lehrpersonen nicht nur als Lehrende, sondern auch als Begleitende und Unterstützende. Wächst das Vertrauen in die Lehrpersonen, sind Schüler und Schülerinnen offener, haben den Mut zu Fragen und auf individuelle Bedürfnisse kann besser eingegangen werden.
Die Ganztagesschule ist ein zeitgemässer Schritt, um den Bedürfnissen von Kindern und Familien in der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden. Sie verbindet Bildung und Gemeinschaft auf eine Weise, die vernetzt und gleichzeitig klar strukturiert ist. Somit trägt sie dazu bei, dass sich die Schule mit der Gesellschaft und deren Bedürfnissen weiterentwickelt.
So kann die Ganztagesschule zu einem Ort werden, wo nicht nur Leistung, sondern auch Gemeinschaft zählt, wo sich nicht einzelne Kinder in einer Klasse aufhalten, sondern sich eine Gemeinschaft mit ihrer Schule identifiziert. Das halte ich für wichtig und wertvoll – für jedes einzelne Kind und für unsere Gesellschaft.

Verein(t)
Von «Me sötti» und «Es wär doch guet, wenn…» zu «Mir mache das jetzt!». So entstehen Vereine. Sie verbinden sowohl Gleichgesinnte wie auch Generationen, ermöglichen Begegnungen und machen aus der Nachbarschaft einen Ort mit Freundinnen und Freunden. Gerade bei uns, wo ich immer wieder erfahre, dass Zusammenhalt grossgeschrieben wird und Traditionen mit Stolz gepflegt werden, ist das Wirken der Vereine unverzicht- und unbezahlbar.
Von alleine wird es nicht besser, es braucht das Engagement von Menschen, um etwas zu verändern. Meistens ist es ein gemeinsames Interesse oder Anliegen, das die Menschen in einen Verein führt. Doch ein Verein ist weit mehr als nur ein Hobby. Es ist ein Ort, an dem wir uns einbringen, Verantwortung übernehmen und gemeinsam etwas bewirken können. Hier dürfen wir ausprobieren, Neues wagen und uns weiterentwickeln. Einfach machen! Denn Selbstwirksamkeit beginnt genau dort, wo wir uns trauen, einen Beitrag zu leisten – ob als Trainerin im Juniorenfussball, als Kassier im Fischereiverein oder als Vorstandsmitglied im Quartierleist. Ich habe grosse Achtung vor dem wertvollen Engagement der Vereine und sage dafür «Danke schön».
Wenn immer möglich, nehme ich Einladungen von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen an und erhalte so Einblick in deren beeindruckende Vielfalt. Von der altersgemischten Musikgesellschaft über den traditionellen Schwingklub bis hin zum innovativen Theaterverein – jeder Verein schafft Orte der Begegnung und des Miteinanders. Hier wird generationenübergreifend voneinander gelernt, Ideen werden verwirklicht und Talente gefördert. Diese gelebte Teilhabe stärkt nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl, sondern sie ist ein Kerngedanke unserer Demokratie. Auch in politischen Belangen müssen Diskussionen ausgetragen und muss mit anderen Meinungen konstruktiv und respektvoll umgegangen werden, damit wir uns nicht zu polarisierendem «Schwarz und Weiss»-Denken verführen lassen. Durch das Anhören anderer Sichtweisen können wir unseren Horizont erweitern, aber auch das gegenseitige Verständnis fördern. Eine gemeinsame Basis bedeutet für alle Beteiligten einen Mehrwert.
Wir können uns natürlich fragen: Ist es sinnvoll, dass ein so breitgefächertes und wichtiges Angebot, wie es die Vereine und Organisationen erbringen, auf freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement beruht? Sollte man die Strukturen nicht professionalisieren, sollten nicht vermehrt Leistungen entschädigt werden?
Entsprechend oft wird deshalb der Ruf nach finanzieller Unterstützung von Seiten der Stadt laut. Einerseits ist es für die Stadt klar, dass sie dort unterstützt, wo Kinder und Jugendliche gefördert werden. Denn das ist eine Investition in unsere Zukunft. Andererseits steht die Stadt in der Pflicht, dass sie genau prüft, wohin Gelder fliessen. Die Stadt will und muss die Leistung definiert haben, die ein Verein mit der finanziellen Unterstützung erbringen will, und das führt nicht selten dazu, dass sich die Vereine verändern müssen, um von der Stadt unterstützt zu werden. Aus der einfachen Struktur von «Mir mache das», werden ausgeglichene Budgets, strukturierte Abläufe, einzuhaltende Termine und das kann einen Verein nachhaltig verändern, weil er über seine Leistung detailliert Rechenschaft ablegen muss. Es liegt auf der Hand: Das bedeutet mehr Bürokratie.
Damit beginnt die Gratwanderung: Die Leichtigkeit und Spontaneität schwinden, wenn nicht mehr einfach mal «gemacht werden kann» und wenn am Ende des Jahres eine ausgeglichene Rechnung präsentiert werden muss. Der Idealismus und die Begeisterung, die zur Gründung des Vereins führten, drohen manchmal am Budget zu ersticken. Mitglieder, die sich anfänglich begeistert engagierten, steigen aus, weil ihnen die Arbeit zu viel wird. Der Nachwuchs ist nicht bereit, den Aufwand zu leisten. Gerade hier ist die Unterstützung der Stadt aus meiner Sicht ebenso wichtig.
Die Stadt setzt sich aktiv dafür ein, den Vereinen in organisatorischen Belangen Unterstützung zu bieten, indem sie in Förder- und Weiterbildungsmassnahmen für ehrenamtlich Tätige investiert. Rund vierzig Vereine haben bereits von diesem Angebot der Stadt profitiert. Zudem berät das Büro für Veranstaltungen Vereine bei der Organisation und Durchführung von Anlässen. Ich möchte an dieser Stelle die Vereine ermutigen: Nutzt diese Möglichkeiten!
Links:
Jugendaktivitäten
https://www.thun.ch/online-schalter/97901/detail
Jugendsportförderung:
https://www.thun.ch/dienstleistungen/92239
Veranstaltungsbüro
https://www.thun.ch/fachbereiche/32377
Dieser Text erschien in gekürzter Form im März 2025 als Kolumne im «Berner Landbote».

Tag der Nachbarschaft
Kennst du deine Nachbar*innen schon? Wenn du diese Frage mit einem gewissen Zögern beantwortest, bietet dir der 23. Mai 2025 Gelegenheit, das zu ändern. Dann findet in Thun der Tag der Nachbarschaft statt. Klar, Nachbar*innen haben wir – einfach so. Und eigentlich funktionieren Nachbarschaften in Thun ja sehr gut. Wozu also ein Tag der Nachbarschaft?
Der Tag der Nachbarschaft soll die Bevölkerung animieren, aktiv auf ihre Nachbar*innen zuzugehen und sie kennen zu lernen. Zu einem intakten Wohnumfeld gehören Menschen, von denen man mehr weiss als nur den Namen. Denn eigentlich ist es ganz logisch: Je besser wir unsere Nachbar*innen kennen, umso leichter kommen wir mit ihnen ins Gespräch und unterstützen uns gegenseitig. Das beginnt mit dem fehlenden Zucker, den wir uns einen Stock höher oder tiefer ausleihen. Schon ein bisschen weiter geht es mit dem Pflanzengiessen während der Ferien, denn da händigen wir ja den Wohnungsschlüssel aus. Das tut nur, wer vertraut, und dazu braucht es mehr als ein «Hallo» im Treppenhaus. Einen Tag der Nachbarschaft eben.
Ein Legislaturziel des Gemeinderats lautet: «Der Dialog mit der Bevölkerung und das Miteinander aller Generationen wird gestärkt.» Deshalb unterstützt die Stadt den Tag der Nachbarschaft. Persönlich tue ich das ebenso. Bereits zum dritten Mal engagiere ich mich persönlich für den Anlass in meiner Strasse. Wir sind eine Handvoll Menschen, die zusammen einen unkomplizierten Abend bei Speis und Trank organisieren. Brot und Kaffee schenken uns die Bäckerei und die Rösterei von gegenüber, der grosse Grill wird von der Metzgerei um die Ecke bereitgestellt. Grillgut sowie Salat- und Dessertbuffet bringen die Gäste mit. Besonders einfach geht die Organisation dank der Unterstützung durch die Stadt: Einerseits mit dem praktischen Mitmachset, andererseits mit der Lieferung von Tischgarnituren direkt vor die Türe. Das Tüpfchen auf dem i sind die kulturellen Beiträge, die unter allen Mitmachenden verlost werden.
Ich bin überzeugt: Eine intakte Nachbarschaft fördert die Solidarität und somit die Lebensqualität und hilft Einsamkeit vermeiden. Nachbar*innen müssen nicht Freund*innen werden. Doch es genügt das Gefühl, dass da Menschen hinschauen, wenn es einmal nicht so rund läuft. Die einem ein gutes Hausmittel gegen ein Wehwehchen empfehlen, wenn man sich gerade nicht so fit fühlt. Oder auch mal einfach zuhören, wenn dich etwas bedrückt. Das macht schon einen enorm grossen Unterschied.
Vielleicht hast du ja bereits eine Einladung für einen Anlass erhalten. Dann pack die Chance und setz dich zu den Menschen hin, lern deine Nachbar*innen (besser) kennen. Du wirst sehen: Es tut uns allen gut!
Wenn du Lust hast, selbst unkompliziert einen Anlass zu organisieren, hier https://www.thun.ch/nachbarschaft2025/59429 findest du viel Wissenswertes und Hilfreiches zum Tag der Nachbarschaft in Thun.

Für Thun ist nach der EURO vor der EURO!
Wenn am 2.Juli 2025 das erste von drei Spielen der Women’s EURO 2025 in der Stockhorn Arena angepfiffen wird, hat die Politik bereits einiges umdribbelt. Beinahe wurden wir ins Offside gedrängt, doch das liessen wir nicht zu. Über die Parteigrenzen hinweg setzten wir uns auf allen politischen Ebenen erfolgreich für die nötigen Fördergelder ein. Ich freue mich, dass es am 2. Juli in der Stockhorn Arena heisst: Bühne frei für den Frauenfussball!
Als Gemeinderätin von Thun vertrete ich an der Women’s EURO 2025 die Politik. Als SP-Politikerin sehe ich mich in der Pflicht, die grösste frauenspezifische Sportveranstaltung in Europa zu unterstützen. Und als Feministin ist es für mich selbstverständlich, mich überall dort zu engagieren, wo ich Frauen sichtbar machen kann. Auf allen drei Ebenen will ich dazu beitragen, die Gleichstellung zu fördern und zu einer inklusiveren Gesellschaft beizutragen.
Die Schweiz zählt 41’000 lizenzierte Fussballspielerinnen, mehr als 440 der rund 1400 Fussballclubs der Schweiz führen ein oder mehrere Frauenteams, 12% der Fussball-Lizenzen sind an Frauen ausgestellt. Dazu gehört auch das in der höchsten Liga spielende Frauenteam Thun Berner Oberland FTTBO. Und dies, obwohl Frauen unter erschwerten Bedingungen trainieren müssen: fehlende Infrastruktur, fehlende Förderung, fehlende Medienpräsenz. Wie sähen diese Zahlen wohl aus, wenn dies anders wäre? Die Women’s EURO 2025 gibt den Fussballspielerinnen eine Bühne. Sie hat Signalwirkung: Frau kann das. Nicht nur im Fussball, sondern in allen Sportarten. Und weit über den Sport hinaus.
Die Women’s EURO 2025 hat bereits einiges bewegt. Erstmals fand im Kanton Bern ein J+S-Kaderkurs nur für Frauen statt. Warum getrennt? In gemischten Kursen herrscht das Gefühl vor, «dass man sich als Frau extrem beweisen und zeigen muss, dass man eine Ahnung hat» Deshalb melden sich viele Frauen dann erst gar nicht an. Ist frau erst mal unter sich, ist die Hürde tiefer. Ich erinnere an den Frauenlauf. Als er 1987 startete, nahmen an den Volksläufen kaum Frauen teil, 2024 betrug der Frauenanteil 44%. Mehr Fussball-Trainierinnen bedeutet folglich, dass für viele junge Frauen die Hemmschwelle sinkt, einen J+S Fussballkurs zu besuchen. Und dass sich mehr junge Männer daran gewöhnen, dass Frauen im Fussball ebenso selbstverständlich sind wie Frauen am Grand Prix von Bern.
Dass Thun Austragungsort von drei Spielen sein wird, löste über die Parteien hinweg die Bereitschaft aus, in spezifische Sportprojekte für Mädchen und Frauen zu investieren. Ein entsprechender Vorstoss wurde ohne Gegenstimmen überwiesen. So konnte bereits im Frühling ein neues Schulsportangebot «Fussball für Mädchen» erfolgreich gestartet werden. Und während für die Euro25 keine neuen Stadien gebaut werden müssen, wird dort investiert, wo es allen zugutekommt: In die Sportinfrastruktur.
«Summit of Emotions» lautet der Slogan der Euro25. Gipfel – davon sind wir in Thun ja schon mal umgeben! Für die Emotionen während und rund um die 3 Spiele werden wir sorgen. Wir – das sind wir alle! Die Euro25 ist eine grossartige Möglichkeit, Frauen sichtbar zu machen. Frauen zu fördern. Nutzen wir sie! Die Stockhorn-Arena bietet 10’000 Plätze. Frauenförderung bedeutet, jeden dieser 10’000 Plätze zu besetzen. Hier können Tickets vorreserviert werden. Frauenförderung bedeutet auch, den Anlass zu unterstützen. 2500 Freiwillige braucht es für die Euro25, registriere dich jetzt. Wer mitmacht, ist mittendrin!
Lasst uns gemeinsam Berge versetzen. Bieten wir dem Frauenfussball die Bühne, die er verdient. Es geht um nichts weniger als um ein Vermächtnis für die nächsten Generationen!
Zur Einstimmung: https://www.youtube.com/watch?v=JXVlVa55pVg

Kultur schafft Stärke und Toleranz
Kennen Sie diesen fast magischen Moment, wenn am Ende eines Konzerts Applaus den Raum erfüllt, sich Publikum und Musiker:innen vereint fühlen und alle Anwesenden für einen kurzen Moment den Alltag vergessen?
Ähnlich verbindend ist der Augenblick, wenn ich neben einem mir unbekannten Menschen vor einem Gemälde stehe. Still gebe ich mich meinen Gedanken hin, ahnend, dass das Kunstwerk auch die Person neben mir berührt. Wer Kultur schafft, unabhängig von ihrer Ausrichtung, schafft gleichzeitig eine Verbindung zwischen den Menschen, kurze Momente der gemeinsamen Freude und Raum für den Austausch.
Kultur bedarf einer Bühne, um die Menschen zu erreichen, denn während Kultur keineswegs nur in den urbanen Zentren geschaffen wird, bieten Städte oft die notwenige Infrastruktur, die als Brücke zwischen Kulturschaffenden und Publikum dient. Indem im Oktober an der Thuner Kulturnacht die Innenstadt zur Bühne der Kulturschaffenden aus der gesamten Region Thun wurde, zog sie ein Publikum von weit her an. Ich pries in meinem Programmvorwort diese verbindende Kraft der Kultur. Kultur wird zwar unbestritten konsumiert, doch darüber hinaus hebt die gemeinsame Begeisterung jene Grenzen auf, die im Alltag zwischen den Menschen bestehen.
Buchstäblich eine Bühne – manchmal gar der erste Bühnenauftritt – bietet Café Bar Mokka, dessen Strahlkraft und guter Ruf weit über die städtischen und regionalen Grenzen hinaus wahrgenommen werden. Nicht umsonst erhielt diese wertvolle Institution im August den Kulturpreis der Burgergemeinde Bern für ihren Beitrag «zur kulturellen Vielfalt im Kanton Bern». Die Bühne fungiert als Sprungbrett über die regionalen Grenzen hinaus.
Doch es muss nicht immer das urbane Zentrum sein. Die Kulturlandbühne zeigte in diesem Sommer eindrücklich, dass manche Kulturprojekte alles andere als eine urbane Bühne benötigen. Unzählige freiwillige Helfende machten es möglich, dass 8500 Menschen die Vorstellungen in Schwarzenegg besuchen konnten. Die Förderung von Kulturprojekten in der Region durch die Stadt Thun ist eine wichtige Aufgabe, denn auch hier verbinden Projekte Menschen – Besuchende, Helfende, Kulturschaffende. Aus dieser Verbindung entstehen Stärke und Toleranz. Davon bin ich persönlich überzeugt und dafür setze ich mich ein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen fulminanten Rutsch und alles Gute im neuen Jahr. Ich freue mich auf kulturelle Projekte in der Stadt und der Region – gemeinsam mit Ihnen will ich offen und neugierig bleiben!

Eine linke Vertretung aus dem Berner Oberland – meine Wahlempfehlung
22. Oktober: nationale Wahlen. Auch in Thun ist die SP-Kampagne in vollem Gange. Die Kandidierenden und engagierte Mitglieder legen sich auch diesmal wieder ins Zeug und bringen den Wähler:innen die SP-Anliegen näher.
Die aktuelle SP-Vertretung im National- und Ständerat macht ihre Arbeit mit grossem Fachwissen und Engagement. Daran besteht kein Zweifel. Und doch schmerzt es mich, dass das linke Berner Oberland auf der nationalen Politbühne nicht vertreten ist. Denn obwohl die SP-Anliegen durchaus auch das Oberland betreffen, ist «bei uns» gleich halt doch ein bisschen anders. Eine linke Vertretung aus dem Oberland täte der SP aus meiner Sicht gut.
Familien ziehen aus Thun weg. Nicht weil die Mietpreise auf dem Land tiefer sind – das trifft inzwischen gar nicht mehr zu. Sondern weil in Thun infolge der sehr tiefen Leerwohnungsziffer schlicht Wohnraum fehlt. Zu oft wird die Wohnungsnot als urbanes Problem abgetan. Doch das ist sie längst nicht mehr. Eine linke Vertretung aus dem Berner Oberland wäre hier eine sehr wichtige Stimme im Nationalrat. Denn es geht um mehr, als nur um tiefe Mieten. Es geht darum, die Entwicklung, die abseits der grossen Städte stattfindet, in die nationalen Überlegungen miteinzubeziehen.
Die Balance zwischen Versorgungssicherheit und Landschaftsschutz stellt uns vor grosse Herausforderungen. Wir dürfen die Fehler, die das Wallis machte, nicht wiederholen. Regierungsrat Christoph Ammann hat die Weichen aus meiner Sicht richtig gestellt, indem er die Umweltverbände bei den Solar-Projekten von Anfang an miteinbezog. Wir müssen das Gleichgewicht finden zwischen dem Mut zu alpinen Solaranlagen und dem Landschaftsschutz. Gleichzeitig muss weiterhin alles unternommen werden, um Solarpanels auf den Dächern zu fördern, wie dies ein Vorstoss von Ueli Egger im Grossrat fordert. Alpine Solaranlagen können und dürfen nicht der einzige Lösungsweg sein.
Die Gleichstellung verändert die Gesellschaft. Erfreulicherweise sind diese Veränderungen auch in den Landregionen längst angekommen, was wiederum Auswirkungen auf die familienergänzende Kinderbetreuung hat. Es braucht auch auf dem Land ein Angebot an Ganztagesbetreuungen. Dass dabei nicht gleich vorgegangen werden kann wie in den städtischen Gebieten, liegt auf der Hand. Und dass das Vertrauen in die Politik grösser ist, wenn wir eine linke Vertretung aus unserer Region in der nationalen Politik wissen, ebenso.
Aus diesem Grund rufe ich Sie dazu auf, die sechs SP-Kandidierenden aus den Wahlkreisen Thun und Berner Oberland doppelt auf Ihre Liste zu schreiben:
Damit das linke Berner Oberland auf der nationalen Politbühne eine Stimme erhält!

JA zur Elternzeit
Am 18. Juni stimmen wir über die kantonale Elternzeit-Initiative ab. Ich engagierte mich bereits für die Unterschriftensammlung, weshalb meine Haltung klar ist: Ich schreibe ein überzeugtes JA auf den Stimmzettel.
Als meine beiden Söhne geboren wurden, blieb ich auch als Mutter berufstätig, denn es war mir wichtig, dass mich meine Söhne nicht nur als ihre Betreuungsperson wahrnahmen, sondern auch als Menschen, der ausserhalb der Familie Verantwortung übernahm. Zudem erlebten und erleben meine Söhne, dass Familienarbeit auch vom Vater erledigt wird.
Das sind zwei wichtige Gründe, die aus meiner Sicht für die kantonale Elternzeitinitiative sprechen. Mit der heutigen Regelung wird ein altes Rollenverständnis zementiert, denn Erwerbs- und Familienarbeit stellen zwei Aufgaben dar, die einen hohen bis sehr hohen Einsatz verlangen. Gewährt das Gesetz dem Vater bei der Geburt eines Kindes 2 Wochen, der Mutter 14 Wochen Urlaub, führt das verstärkt dazu, dass nach altbekanntem Muster verfahren wird. Nach der Geburt des ersten Kindes arbeitet der Vater 80-100% weiter, die Mutter kümmert sich in der Regel zu einem grossen Teil um die Familienarbeit. Somit wachsen Kinder mit diesem Rollenverständnis auf: Die Mutter kümmert sich um die Familie, der Vater ums Geld. Und daraus manifestiert sich die Überzeugung: Mütter können Familienarbeit besser. Was natürlich rational betrachtet völliger Unsinn ist! Was Mütter können, können Väter mindestens genauso gut.
Hier setzt die Elternzeit-Initiative an. Indem wir den ELTERN mehr Zeit für ihr Kind geben, erleichtern wir den MÜTTERN die Rückkehr ins Berufsleben. Wer nach 14 Wochen Mutterschaftsurlaub ins Berufsleben zurückkehren will oder muss, der weiss, wie belastend das psychisch und physisch ist. 14 Wochen genügen nicht, damit sich der Körper von den Strapazen der Schwangerschaft und Geburt erholen kann. Die ersten Monate nach einer Geburt lassen jeglichen Alltagsrhythmus vermissen und beschäftigten die Eltern beziehungsweise den betreuenden Elternteil rund um die Uhr. Und mit der heutigen Regelung ist dies meistens die Mutter. Aus diesem «Chaos» heraus nach 14 Wochen in den durchgetakteten Berufsalltag zurückzukehren, bedeutet eine grosse Belastung. Deshalb reduzieren viele Frauen ihr Pensum, geben irgendwann auf oder wagen es überhaupt nicht, was wiederum zu tieferen Renten führt.
Die kantonale Elternzeitinitiative erleichtert also den Müttern die Rückkehr ins Berufsleben. Gleichzeitig erleichtert sie den Vätern den Einstieg in die Familienarbeit. Wenn es zur Norm wird, dass die Väter von Anfang an vollumfänglich die Verantwortung für die Familienarbeit übernehmen, wird irgendwann allen klar: Auch Väter können Familienarbeit. Ganz abgesehen davon, dass sie von Anfang an eine engere Bindung zum Kind respektive den Kindern aufbauen können.
Ich verspreche mir von der Elternzeit, dass sich die Gesellschaft ändert. Dass wir beiden Elternteilen die Fähigkeit zuschreiben, sich um die Kinder zu kümmern, und dass beide Elternteile nach der Elternzeit zu gleichen Teilen ins Berufsleben zurückkehren. Wir haben also am 18. Juni die Chance, einen grossen Schritt hin zur gelebten Gleichstellung zu tun. Ich zähle auf Ihre Stimme!

Mein Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer
Am 13. Februar stimmen wir über die Stempelsteuer ab, genauer gesagt über die Emissionsabgabe als eine von drei Stempelabgaben. Doch was ist das überhaupt? Die Emissionsabgabe fällt an, wenn eine Firma gegründet oder vergrössert werden soll, indem dieses Unternehmen z.B. Aktien oder Genossenschaftsanteile ausgibt. Sie beträgt 1%. Und sie fällt nur an, sofern die Firma bereits über mehr als 1 Mio Franken Eigenkapital verfügt. Stempelabgaben entsprechen im Finanzbereich der Mehrwertsteuer, die wir für unseren Konsum bezahlen.
Von den rund 600’000 Schweizer Unternehmen bezahlten im Jahr 2020 rund 2300 Unternehmen eine Emissionsabgabe. Die meisten dieser Unternehmen bezahlten eine geringe Emissionsabgabe, während rund 50 Unternehmen je mehr als eine halbe Million bezahlten und somit für rund die Hälfte der Steuern aufkamen. Von der Abschaffung profitieren also nur sehr wenige Grossunternehmen und ganz sicher nicht die Arbeitnehmenden.
Wird die Stempelsteuer abgeschafft, so rechnet man mit Steuerausfällen von ca. 250 Millionen Franken jährlich. Dass gerade jetzt, wo viele Branchen und KMU unter den Folgen der Corona-Krise leiden, auf jährlich 250 Millionen Steuereinnahmen verzichtet werden soll, finde ich besonders störend. Dieses Geld wird letztendlich den Spitälern, dem ÖV, für Prämienverbilligungen, den Schulen und nicht zuletzt den dringend benötigten Massnahmen zum Klimaschutz fehlen. Es darf nicht sein, dass nur noch Lohn, Konsum und Renten besteuert werden.
So funktioniert die Stempelsteuer

Feministische Anliegen sichtbar machen
Wäre das Jahr 2019, würde ich schreiben: Ab 15.24 Uhr arbeiten Frauen gratis. Doch es ist das Jahr 2021 und ich muss schreiben: Ab 15.19 Uhr arbeiten Frauen gratis. Nicht freiwillig natürlich, sondern infolge der Lohndifferenz. Aus diesem Grund ruft das Feministische Kollektiv Thun – Berner Oberland alle Frauen dazu auf, am 14. Juni um 15.19 Uhr kurz innezuhalten und ihr Umfeld auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Denn egal, ob 15.24 oder 15.19, die Lohngleichheit muss endlich her!
Ein Fest zum Frauen*streik wie 2019 wird es in diesem Jahr in Thun keines geben, doch das Rathaus wird am 14. Juni ein drittes und letztes Mal violett beleuchtet. Ich gehe auf jeden Fall hin und geniesse das feministisch gefärbte Gebäude. Denn mehr feministische Power würde der Thuner Politik nicht schaden. Ende letztes Jahr organisierten sich alle Thuner Stadträtinnen überparteilich und verfassten einen Wunschzettel für Anlässe zum 50. Jubiläum des Frauenstimmrechts. Ich freute ich sehr über die stärkende Energie über die Parteigrenzen hinweg. Als ich unsere Pläne in die Präsidienkonferenz (bestehend aus Stadtratsbüro, also 3er-Präsidium und Stimmenzähler, sowie Fraktionspräsidien) trug, fielen die Reaktionen zurückhaltend aus. Ich bin überzeugt, wäre ich nicht die einzige Frau in diesem Gremium, wäre dem Anliegen mehr Aufmerksamkeit gewiss gewesen. Die Stadträtinnen wollten das Jubiläumsjahr öffentlich sichtbar und erlebbar machen, doch die Unterstützung der Stadt fiel eher enttäuschend aus. Wir geben jedoch nicht auf: Es wird eine Weiterbildung für Frauen in der Politik geben und an einem Marktstand wollen wir den Kontakt zu jungen Frauen suchen und sie dafür begeistern, in die Politik einzusteigen. Weiter werden wir die Mädchen an den Thuner Oberstufenschulen besuchen, um ihnen die Geschichte vom Weg zur Gleichberechtigung zu erzählen und sie zu bestärken, diesen weiterzugehen.
Ein aktuelles Projekt im Jubiläumsjahr ist der feministische Postenlauf unter dem Motto #feiern und #fordern. Vom 14.-27. Juni warten in Thun und Steffisburg vielfältige und kreative Beiträge über die Themen Feminismus, Gleichstellung und Fempowerment darauf, besucht und bewundert zu werden: 34 Privatpersonen, Geschäfte und Organisationen haben ihn zusammen mit dem Feministischen Kollektiv Thun – Berner Oberland auf die Beine gestellt. Jeder Posten ist ein einzigartiges Puzzleteil und trägt zu einem grossartigen Gemeinschafts(kunst)werk bei.
Geht hin, nehmt teil! Wir müssen gesehen und gehört werden, um unsere Anliegen voranzubringen

Vom Frauenstimmrecht zum Stimmrecht für alle
Ich bin 1970 geboren, mir wurde das Stimmrecht buchstäblich in die Wiege gelegt. Insofern war es für mich kein Recht, wofür es zu kämpfen galt, sondern ich wuchs mit der Überzeugung auf, dass es so «richtig» sei.
Ganz anders für die Generation meiner Mutter. Ein Recht wird einem erteilt. Und gegen das Frauenstimmrecht wehrten sich die Männer – denn sie hatten darüber zu entscheiden – in der Schweiz bekanntlich besonders lange. Das war in Thun nicht anders. Gerade die SP-Frauen fielen als unermüdliche Aktivistinnen auf, die keine Mühe scheuten. Sie waren hartnäckig, kreativ und zuversichtlich. Selbst die Themen sind damals wie heute offenbar die gleichen geblieben: Umweltschutz, Stärkung und Vernetzung der Frauen für die politische Arbeit, Jugendarbeit, Gleichstellung, Unterstützung für ein selbstbestimmtes und würdiges Altwerden.
Für mich stellte die Nicht-Wahl in den Bundesrat von Christiane Brunner und die anschliessende Wahl von Ruth Dreifuss den politischen Aufbruch dar. Heute trage ich die Sonnenbrosche voller Stolz, denn sie erinnert mich daran, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass wir übergangen werden.
Deshalb freute ich mich letzten Samstag besonders, als Ruth Dreifuss an der Delegiertenversammlung der SP Schweiz das Stimm- und Wahlrecht für alle forderte. Wer mindestens fünf Jahre in der Schweiz wohnt und hier Steuern bezahlt, soll mitentscheiden können. Bis 1971 war die Mitbestimmung ausschliesslich den Männern vorbehalten. Heute ist davon ausgeschlossen, wer nicht über das Schweizer Bürger*innen-Recht verfügt. Das ist nicht richtig, denn wer von einem Entscheid betroffen ist, soll an diesem Entscheid auch teilhaben können. Für diesen Schritt ist es jetzt Zeit!

Neues Jahr, neue Ämter
Mein politisches Jahr begann erfreulich. Am 18. Januar sprach mir die SP-Fraktion das Vertrauen aus und wählte mich zu ihrer neuen Fraktionspräsidentin. An der Stadtratssitzung vom 23. Januar 2021 wählte mich zudem der Thuner Stadtrat zur 1. Vize-Stadtratspräsidentin. Die Wahl in beide Ämter freut mich, sie sind ein Zeichen der Wertschätzung meiner bisherigen politischen Tätigkeit.
Als Fraktionspräsidentin will ich die drängenden Fragen und Herausforderungen in unserer Stadt sachlich angehen und tragfähige Lösungen zum Wohl der Menschen in Thun finden. Es ist nachvollziehbar, dass in einer Fraktion unserer Grösse unterschiedliche Meinungen vertreten sind. Gerade deshalb ist es mir wichtig, dass der offene Meinungsaustausch auf einer sachlichen Ebene geführt wird und die Lösungsfindung – und nicht die persönliche Befindlichkeit – jeweils im Mittelpunkt steht. Ich habe mich in der Vergangenheit in verschiedenen Komitees für Gemeindeabstimmungen engagiert und kenne die Herausforderung, unterschiedliche Ansprüche zu einem «Gemeinsamen» zu vereinen. Wenn wir für die Stadt Thun und nicht nur in der Stadt Thun politisieren wollen, müssen wir dies als starke Fraktion tun. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit und danke der SP-Fraktion für ihr Vertrauen.
Dass mich der Stadtrat zur 1. Vizepräsidentin wählte, war am 22. Januar natürlich ein Nebenschauplatz, die gesamte Aufmerksamkeit galt bei der Wahl völlig zu Recht dem neuen Stadtratspräsidenten Roman Gugger, dem ich an dieser Stelle nochmals herzlich gratuliere. Und doch stehe ich als 1. Vizepräsidentin nun in «den Startlöchern» und wenn alles gut läuft, wird 2022 mein Jahr als Stadtratspräsidentin. Darauf freue ich mich natürlich heute schon sehr. Mein Engagement als Politikerin verstehe ich als Engagement für die Menschen. Mein Stadtrats-Amt ermöglicht es mir, mich aktiv an der Entwicklung Thuns zu beteiligen, wobei stets die Lebensqualität aller Thuner*innen im Fokus stehen muss. Ich bin fest entschlossen, mich dafür auch in Zukunft einzusetzen.

Frauenrechte sind Menschenrechte
Der 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte, deren erster Artikel mit den Worten beginnt: «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.»
Nicht zufällig enden heute die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*», die am 25. November mit der internationalen Aktion «Orange the World» ihren Anfang nahmen, als weltweit städtische Wahrzeichen orangefarben beleuchtet wurden. Orange bedeutet Gefahr, das kennen wir alle. Gleichzeitig gilt Orange als die Farbe der Kommunikation. Mit dieser Farbe soll dazu aufgefordert werden, miteinander zu reden und Konflikte auszudiskutieren, statt Gewalt anzuwenden.
Am 1. April 2018 trat die Istanbulkonvention für die Schweiz in Kraft. Sie ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und gilt als das umfassendste internationale Übereinkommen, das sich die Bekämpfung dieser Art von Menschenrechtsverletzung zum Ziel setzt. Davon ausgehend haben während zweier Jahre acht Frauenorganisationen in Thun und dem Berner Oberland unter dem Titel «We stand up for women» an acht Anlässen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt. Denn auch bei uns sind Frauen heute noch geschlechterspezifischer Gewalt ausgesetzt. Das Thema der häuslichen Gewalt, deren Opfer mehrheitlich Frauen sind, rückte gerade im Frühling im Zusammenhang mit dem Lockdown vermehrt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Dunkelziffer ist hoch und die Betroffenen sind auf unsere Unterstützung angewiesen.
In Thun bedeutet dies konkret, dass ein ausreichendes Angebot an Plätzen im Frauenhaus Thun-BeO sichergestellt und die Opferhilfe durch niederschwellige Beratungsangebote ausgebaut werden müssen. Zudem braucht es Anschlusslösungen für jene Frauen, die aus dem Frauenhaus austreten. Um sie auf ihrem Weg zurück in ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu unterstützen, könnte die Stadt beispielsweise geschütztes Wohnen in stadteigenen Liegenschaften ermöglichen. Information und Diskussion in der Öffentlichkeit sind erste Schritte zur Gewaltprävention. Dazu können wir alle beitragen.
Frauenrechte sind Menschenrechte und müssen endlich respektiert und eingehalten werden. In Thun und überall auf der Welt.

Ein JA zum Anstand
Gleich zwei Fahnen für die Konzernverantwortungsinitiative hängen an unserem Gartenzaun. Die Zustimmung bei uns im Haus ist also gross.
Die Konzernverantwortungsinitiative bildet für mich den Begriff Nachhaltigkeit eindrücklich ab, denn sie verlangt den Einklang von Menschen, Umwelt und Wirtschaft – selbstverständlich auf der ganzen Welt.
Mit Logik ist ja nicht zu erfassen, warum für Schweizer Konzerne im Ausland nicht gelten soll, was hierzulande gilt. Kinder, die zu Kinderarbeit gezwungen werden, sind auch im Ausland Kinder, die zu Kinderarbeit gezwungen werden. Es spielt auch absolut keine Rolle, durch welche Gegend ein vergifteter Fluss fliesst. Ist der Verursacher der Umweltkatastrophe ein Schweizer Konzern, soll er in der Schweiz dafür zur Rechenschaft gezogen werden können. Denn Umweltschutz und Menschenrechte hören nicht an der Grenze unseres kleinen Landes auf.
Schweizer Grosskonzerne wie Syngenta, Glencore oder der Metallkonzern IXM dürfen nicht auf Kosten von Menschen und Umwelt Riesengewinne erzielen, während wir unser kleines Gärtchen «Schweiz» hegen und pflegen und so tun, als sähen wir nicht, was ausserhalb des Gartenzauns geschieht.
Oder um es mit den Worten der Nationalrätin Samira Marti zu sagen: «Dass man anständig wirtschaftet und für von sich selbst verursachte Schäden geradesteht, ist eine Selbstverständlichkeit. Im Volksmund nennen wir das Anstand.»

Solidarität kennt keine Frist
Der Lockdown und die damit einhergehende Schliessung aller Geschäfte, Gastrobetriebe und Kulturlokale waren ein Schock. Ich begrüsste deshalb den Solidaritätsfonds der Stadt Thun in der Höhe von 2 Mio. Franken. Doch diese gut gemeinte Massnahme zeigt offenbar nicht die erwünschte Wirkung. 300 Gesuche waren erwartet worden; 26 gingen bis Mitte September ein; nur 10% der 2 Mio. Franken wurden bisher gesprochen.
Ich wollte dazu Genaueres wissen und fühlte deshalb dem Gemeinderat an der Stadtratssitzung vom 17. September in der Fragestunde F18/2020 etwas auf den Zahn. Zusammengefasst lautet dessen Antwort: Die Hilfsmassnahmen von Bund und Kanton genügen offensichtlich und decken einen grossen Teil der benötigten Unterstützung ab. Zudem vermutet der Gemeinderat, dass die negativen Auswirkungen in Thun bisher allgemein weniger gravierend ausfallen als im Frühjahr befürchtet.
Mir persönlich greift dies zu kurz. Haben die Gewerbetreibenden, Selbständigen und Dienstleistungsunternehmungen wirklich genügend Reserven, jetzt, da sich abzeichnet, dass sie noch Monate mit Einschränkungen und somit wohl reduziertem Geschäftsgang leben müssen? Können wirklich alle Arbeitsplätze in den Thuner KMU’s erhalten werden? Im Gespräch mit Betroffenen hörte ich, dass «andere noch schlechter dran sind» und deshalb kein Gesuch gestellt wurde. Manchmal schimmert auch der Stolz durch, man schaffe das allein, wolle nicht auf die Stadt angewiesen sein. Dabei geht vergessen, dass Thun diese Geschäfte und Betriebe braucht. Sie sind ein Teil jener Lebensqualität, die unsere Stadt ausmacht. Und sie bieten Arbeitsplätze. Es sind absolut keine «Almosen», sondern wie es der Name schon sagt, handelt es sich um ein Zeichen der Solidarität: Die Gewerbetreibenden, Selbständigen und Dienstleistungsunternehmen waren und sind der Stadt Thun wichtig, nun steht sie ihnen in der schwierigen Zeit bei.
Möglicherweise wurde die Dauer der Massnahmen im Frühjahr auch unterschätzt. Darauf deutet der Anstieg der telefonischen Anfragen gegen Ende der Laufzeit des Solidaritätsfonds hin. Ich begrüsse es deshalb sehr, dass der Gemeinderat in seiner Antwort schreibt, dass die Frist für die Gesuche bis Ende 2020 verlängert wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie werden – und da sind wir uns wohl alle einig – erst längerfristig spür- und messbar sein. «D Längi macht d Strängi», lautet das Sprichwort. Wenn es dem Gemeinderat mit dem Fonds also wirklich ernst ist, bindet er Solidarität nicht an eine Frist, sondern orientiert sich an der Wirklichkeit.

Frauen*streik 2020 in Zeiten von Corona
Ein Jahr nach dem Frauen*streik vom 14. Juni 2019 stehen wir wegen der Corona-Krise vor unerwarteten zusätzlichen Herausforderungen: Wie können die akuten Folgen der Krise bewältigt werden? Die letzten Wochen haben gezeigt, dass vor allem Frauen* in systemrelevanten und gleichzeitig schlecht bezahlten Berufen wie Kinderbetreuung, Detailhandel, Reinigung und Pflege arbeiten. Und dazu den grossen Teil der unbezahlten Care-Arbeit leisten. Es braucht dringend Fortschritte in Gleichstellung, Lohngleichheit und Lohngerechtigkeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Unterstützung von Migrant*innen. Auf den Punkt gebracht: Respekt, mehr Lohn, mehr Zeit – jetzt erst recht!
Frauen* sind durch die Corona-Krise mehrschichtig betroffen. Deshalb unterstütze ich den Appell an den Bundesrat und das Parlament «Wann, wenn nicht jetzt? Frauen* zählen!»
Am heutigen Frauen*streiktag, dem 14. Juni 2020 werde ich zur Erholung frau*lenzen, mich queerstellen und in schönen Erinnerungen an 2019 schwelgen und dann geht’s weiter mit dem Engagement für eine solidarische Gesellschaft für alle!
https://frauenstreik-thun-beo.ch

Corona Krise
Auch einen Monat nach dem Lockdown ist die Situation für die Kitas und andere Betreuungsangebote wie Tagesfamilien oder Spielgruppen nicht geklärt. Finanzielle Unterstützung wird seit Wochen in Aussicht gestellt, aber konkret haben weder Bund noch Kanton Massnahmen definiert für die systemrelevanten Kinderbetreuungsangebote. Ein unhaltbarer Zustand!
Es besteht dringender Handlungsbedarf, auch auf Gemeindeebene. Im Namen der SP Thun habe ich deshalb einen offenen Brief an den Gemeinderat verfasst.

