Kultur schafft Stärke und Toleranz

Kennen Sie diesen fast magischen Moment, wenn am Ende eines Konzerts Applaus den Raum erfüllt, sich Publikum und Musiker:innen vereint fühlen und alle Anwesenden für einen kurzen Moment den Alltag vergessen?

Ähnlich verbindend ist der Augenblick, wenn ich neben einem mir unbekannten Menschen vor einem Gemälde stehe. Still gebe ich mich meinen Gedanken hin, ahnend, dass das Kunstwerk auch die Person neben mir berührt. Wer Kultur schafft, unabhängig von ihrer Ausrichtung, schafft gleichzeitig eine Verbindung zwischen den Menschen, kurze Momente der gemeinsamen Freude und Raum für den Austausch.

Kultur bedarf einer Bühne, um die Menschen zu erreichen, denn während Kultur keineswegs nur in den urbanen Zentren geschaffen wird, bieten Städte oft die notwenige Infrastruktur, die als Brücke zwischen Kulturschaffenden und Publikum dient. Indem im Oktober an der Thuner Kulturnacht die Innenstadt zur Bühne der Kulturschaffenden aus der gesamten Region Thun wurde, zog sie ein Publikum von weit her an. Ich pries in meinem Programmvorwort diese verbindende Kraft der Kultur. Kultur wird zwar unbestritten konsumiert, doch darüber hinaus hebt die gemeinsame Begeisterung jene Grenzen auf, die im Alltag zwischen den Menschen bestehen.

Buchstäblich eine Bühne – manchmal gar der erste Bühnenauftritt – bietet Café Bar Mokka, dessen Strahlkraft und guter Ruf weit über die städtischen und regionalen Grenzen hinaus wahrgenommen werden. Nicht umsonst erhielt diese wertvolle Institution im August den Kulturpreis der Burgergemeinde Bern für ihren Beitrag «zur kulturellen Vielfalt im Kanton Bern». Die Bühne fungiert als Sprungbrett über die regionalen Grenzen hinaus. 

Doch es muss nicht immer das urbane Zentrum sein. Die Kulturlandbühne zeigte in diesem Sommer eindrücklich, dass manche Kulturprojekte alles andere als eine urbane Bühne benötigen. Unzählige freiwillige Helfende machten es möglich, dass 8500 Menschen die Vorstellungen in Schwarzenegg besuchen konnten. Die Förderung von Kulturprojekten in der Region durch die Stadt Thun ist eine wichtige Aufgabe, denn auch hier verbinden Projekte Menschen – Besuchende, Helfende, Kulturschaffende. Aus dieser Verbindung entstehen Stärke und Toleranz. Davon bin ich persönlich überzeugt und dafür setze ich mich ein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen fulminanten Rutsch und alles Gute im neuen Jahr. Ich freue mich auf kulturelle Projekte in der Stadt und der Region – gemeinsam mit Ihnen will ich offen und neugierig bleiben!



Eine linke Vertretung aus dem Berner Oberland – meine Wahlempfehlung

22. Oktober: nationale Wahlen. Auch in Thun ist die SP-Kampagne in vollem Gange. Die Kandidierenden und engagierte Mitglieder legen sich auch diesmal wieder ins Zeug und bringen den Wähler:innen die SP-Anliegen näher.

Die aktuelle SP-Vertretung im National- und Ständerat macht ihre Arbeit mit grossem Fachwissen und Engagement. Daran besteht kein Zweifel. Und doch schmerzt es mich, dass das linke Berner Oberland auf der nationalen Politbühne nicht vertreten ist. Denn obwohl die SP-Anliegen durchaus auch das Oberland betreffen, ist «bei uns» gleich halt doch ein bisschen anders. Eine linke Vertretung aus dem Oberland täte der SP aus meiner Sicht gut.

Familien ziehen aus Thun weg. Nicht weil die Mietpreise auf dem Land tiefer sind – das trifft inzwischen gar nicht mehr zu. Sondern weil in Thun infolge der sehr tiefen Leerwohnungsziffer schlicht Wohnraum fehlt. Zu oft wird die Wohnungsnot als urbanes Problem abgetan. Doch das ist sie längst nicht mehr. Eine linke Vertretung aus dem Berner Oberland wäre hier eine sehr wichtige Stimme im Nationalrat. Denn es geht um mehr, als nur um tiefe Mieten. Es geht darum, die Entwicklung, die abseits der grossen Städte stattfindet, in die nationalen Überlegungen miteinzubeziehen.

Die Balance zwischen Versorgungssicherheit und Landschaftsschutz stellt uns vor grosse Herausforderungen. Wir dürfen die Fehler, die das Wallis machte, nicht wiederholen. Regierungsrat Christoph Ammann hat die Weichen aus meiner Sicht richtig gestellt, indem er die Umweltverbände bei den Solar-Projekten von Anfang an miteinbezog. Wir müssen das Gleichgewicht finden zwischen dem Mut zu alpinen Solaranlagen und dem Landschaftsschutz. Gleichzeitig muss weiterhin alles unternommen werden, um Solarpanels auf den Dächern zu fördern, wie dies ein Vorstoss von Ueli Egger im Grossrat fordert. Alpine Solaranlagen können und dürfen nicht der einzige Lösungsweg sein.

Die Gleichstellung verändert die Gesellschaft. Erfreulicherweise sind diese Veränderungen auch in den Landregionen längst angekommen, was wiederum Auswirkungen auf die familienergänzende Kinderbetreuung hat. Es braucht auch auf dem Land ein Angebot an Ganztagesbetreuungen. Dass dabei nicht gleich vorgegangen werden kann wie in den städtischen Gebieten, liegt auf der Hand. Und dass das Vertrauen in die Politik grösser ist, wenn wir eine linke Vertretung aus unserer Region in der nationalen Politik wissen, ebenso.

Aus diesem Grund rufe ich Sie dazu auf, die sechs SP-Kandidierenden aus den Wahlkreisen Thun und Berner Oberland doppelt auf Ihre Liste zu schreiben:

Maria Rigon

Ueli Egger

Sven Heunert

Ursula Zybach

Vanessa Bieri

Hanspeter von Bergen

Damit das linke Berner Oberland auf der nationalen Politbühne eine Stimme erhält!


JA zur Elternzeit

Am 18. Juni stimmen wir über die kantonale Elternzeit-Initiative ab. Ich engagierte mich bereits für die Unterschriftensammlung, weshalb meine Haltung klar ist: Ich schreibe ein überzeugtes JA auf den Stimmzettel.

Als meine beiden Söhne geboren wurden, blieb ich auch als Mutter berufstätig, denn es war mir wichtig, dass mich meine Söhne nicht nur als ihre Betreuungsperson wahrnahmen, sondern auch als Menschen, der ausserhalb der Familie Verantwortung übernahm. Zudem erlebten und erleben meine Söhne, dass Familienarbeit auch vom Vater erledigt wird.
Das sind zwei wichtige Gründe, die aus meiner Sicht für die kantonale Elternzeitinitiative sprechen. Mit der heutigen Regelung wird ein altes Rollenverständnis zementiert, denn Erwerbs- und Familienarbeit stellen zwei Aufgaben dar, die einen hohen bis sehr hohen Einsatz verlangen. Gewährt das Gesetz dem Vater bei der Geburt eines Kindes 2 Wochen, der Mutter 14 Wochen Urlaub, führt das verstärkt dazu, dass nach altbekanntem Muster verfahren wird. Nach der Geburt des ersten Kindes arbeitet der Vater 80-100% weiter, die Mutter kümmert sich in der Regel zu einem grossen Teil um die Familienarbeit. Somit wachsen Kinder mit diesem Rollenverständnis auf: Die Mutter kümmert sich um die Familie, der Vater ums Geld. Und daraus manifestiert sich die Überzeugung: Mütter können Familienarbeit besser. Was natürlich rational betrachtet völliger Unsinn ist! Was Mütter können, können Väter mindestens genauso gut.

Hier setzt die Elternzeit-Initiative an. Indem wir den ELTERN mehr Zeit für ihr Kind geben, erleichtern wir den MÜTTERN die Rückkehr ins Berufsleben. Wer nach 14 Wochen Mutterschaftsurlaub ins Berufsleben zurückkehren will oder muss, der weiss, wie belastend das psychisch und physisch ist. 14 Wochen genügen nicht, damit sich der Körper von den Strapazen der Schwangerschaft und Geburt erholen kann. Die ersten Monate nach einer Geburt lassen jeglichen Alltagsrhythmus vermissen und beschäftigten die Eltern beziehungsweise den betreuenden Elternteil rund um die Uhr. Und mit der heutigen Regelung ist dies meistens die Mutter. Aus diesem «Chaos» heraus nach 14 Wochen in den durchgetakteten Berufsalltag zurückzukehren, bedeutet eine grosse Belastung. Deshalb reduzieren viele Frauen ihr Pensum, geben irgendwann auf oder wagen es überhaupt nicht, was wiederum zu tieferen Renten führt.
Die kantonale Elternzeitinitiative erleichtert also den Müttern die Rückkehr ins Berufsleben. Gleichzeitig erleichtert sie den Vätern den Einstieg in die Familienarbeit. Wenn es zur Norm wird, dass die Väter von Anfang an vollumfänglich die Verantwortung für die Familienarbeit übernehmen, wird irgendwann allen klar: Auch Väter können Familienarbeit. Ganz abgesehen davon, dass sie von Anfang an eine engere Bindung zum Kind respektive den Kindern aufbauen können.
Ich verspreche mir von der Elternzeit, dass sich die Gesellschaft ändert. Dass wir beiden Elternteilen die Fähigkeit zuschreiben, sich um die Kinder zu kümmern, und dass beide Elternteile nach der Elternzeit zu gleichen Teilen ins Berufsleben zurückkehren. Wir haben also am 18. Juni die Chance, einen grossen Schritt hin zur gelebten Gleichstellung zu tun. Ich zähle auf Ihre Stimme!


Mein Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer

Am 13. Februar stimmen wir über die Stempelsteuer ab, genauer gesagt über die Emissionsabgabe als eine von drei Stempelabgaben. Doch was ist das überhaupt? Die Emissionsabgabe fällt an, wenn eine Firma gegründet oder vergrössert werden soll, indem dieses Unternehmen z.B. Aktien oder Genossenschaftsanteile ausgibt. Sie beträgt 1%. Und sie fällt nur an, sofern die Firma bereits über mehr als 1 Mio Franken Eigenkapital verfügt. Stempelabgaben entsprechen im Finanzbereich der Mehrwertsteuer, die wir für unseren Konsum bezahlen.

Von den rund 600’000 Schweizer Unternehmen bezahlten im Jahr 2020 rund 2300 Unternehmen eine Emissionsabgabe. Die meisten dieser Unternehmen bezahlten eine geringe Emissionsabgabe, während rund 50 Unternehmen je mehr als eine halbe Million bezahlten und somit für rund die Hälfte der Steuern aufkamen. Von der Abschaffung profitieren also nur sehr wenige Grossunternehmen und ganz sicher nicht die Arbeitnehmenden.

Wird die Stempelsteuer abgeschafft, so rechnet man mit Steuerausfällen von ca. 250 Millionen Franken jährlich. Dass gerade jetzt, wo viele Branchen und KMU unter den Folgen der Corona-Krise leiden, auf jährlich 250 Millionen Steuereinnahmen verzichtet werden soll, finde ich besonders störend. Dieses Geld wird letztendlich den Spitälern, dem ÖV, für Prämienverbilligungen, den Schulen und nicht zuletzt den dringend benötigten Massnahmen zum Klimaschutz fehlen. Es darf nicht sein, dass nur noch Lohn, Konsum und Renten besteuert werden.

So funktioniert die Stempelsteuer


Feministische Anliegen sichtbar machen

Wäre das Jahr 2019, würde ich schreiben: Ab 15.24 Uhr arbeiten Frauen gratis. Doch es ist das Jahr 2021 und ich muss schreiben: Ab 15.19 Uhr arbeiten Frauen gratis. Nicht freiwillig natürlich, sondern infolge der Lohndifferenz. Aus diesem Grund ruft das Feministische Kollektiv Thun – Berner Oberland alle Frauen dazu auf, am 14. Juni um 15.19 Uhr kurz innezuhalten und ihr Umfeld auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Denn egal, ob 15.24 oder 15.19, die Lohngleichheit muss endlich her!

Ein Fest zum Frauen*streik wie 2019 wird es in diesem Jahr in Thun keines geben, doch das Rathaus wird am 14. Juni ein drittes und letztes Mal violett beleuchtet. Ich gehe auf jeden Fall hin und geniesse das feministisch gefärbte Gebäude. Denn mehr feministische Power würde der Thuner Politik nicht schaden. Ende letztes Jahr organisierten sich alle Thuner Stadträtinnen überparteilich und verfassten einen Wunschzettel für Anlässe zum 50. Jubiläum des Frauenstimmrechts. Ich freute ich sehr über die stärkende Energie über die Parteigrenzen hinweg. Als ich unsere Pläne in die Präsidienkonferenz (bestehend aus Stadtratsbüro, also 3er-Präsidium und Stimmenzähler, sowie Fraktionspräsidien) trug, fielen die Reaktionen zurückhaltend aus. Ich bin überzeugt, wäre ich nicht die einzige Frau in diesem Gremium, wäre dem Anliegen mehr Aufmerksamkeit gewiss gewesen. Die Stadträtinnen wollten das Jubiläumsjahr öffentlich sichtbar und erlebbar machen, doch die Unterstützung der Stadt fiel eher enttäuschend aus. Wir geben jedoch nicht auf: Es wird eine Weiterbildung für Frauen in der Politik geben und an einem Marktstand wollen wir den Kontakt zu jungen Frauen suchen und sie dafür begeistern, in die Politik einzusteigen. Weiter werden wir die Mädchen an den Thuner Oberstufenschulen besuchen, um ihnen die Geschichte vom Weg zur Gleichberechtigung zu erzählen und sie zu bestärken, diesen weiterzugehen. 

Ein aktuelles Projekt im Jubiläumsjahr ist der feministische Postenlauf unter dem Motto #feiern und #fordern. Vom 14.-27. Juni warten in Thun und Steffisburg vielfältige und kreative Beiträge über die Themen Feminismus, Gleichstellung und Fempowerment darauf, besucht und bewundert zu werden: 34 Privatpersonen, Geschäfte und Organisationen haben ihn zusammen mit dem Feministischen Kollektiv Thun – Berner Oberland auf die Beine gestellt. Jeder Posten ist ein einzigartiges Puzzleteil und trägt zu einem grossartigen Gemeinschafts(kunst)werk bei. 
Geht hin, nehmt teil! Wir müssen gesehen und gehört werden, um unsere Anliegen voranzubringen

Vom Frauenstimmrecht zum Stimmrecht für alle

Ich bin 1970 geboren, mir wurde das Stimmrecht buchstäblich in die Wiege gelegt. Insofern war es für mich kein Recht, wofür es zu kämpfen galt, sondern ich wuchs mit der Überzeugung auf, dass es so «richtig» sei.

Ganz anders für die Generation meiner Mutter. Ein Recht wird einem erteilt. Und gegen das Frauenstimmrecht wehrten sich die Männer – denn sie hatten darüber zu entscheiden – in der Schweiz bekanntlich besonders lange. Das war in Thun nicht anders. Gerade die SP-Frauen fielen als unermüdliche Aktivistinnen auf, die keine Mühe scheuten. Sie waren hartnäckig, kreativ und zuversichtlich. Selbst die Themen sind damals wie heute offenbar die gleichen geblieben: Umweltschutz, Stärkung und Vernetzung der Frauen für die politische Arbeit, Jugendarbeit, Gleichstellung, Unterstützung für ein selbstbestimmtes und würdiges Altwerden.

Für mich stellte die Nicht-Wahl in den Bundesrat von Christiane Brunner und die anschliessende Wahl von Ruth Dreifuss den politischen Aufbruch dar. Heute trage ich die Sonnenbrosche voller Stolz, denn sie erinnert mich daran, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass wir übergangen werden.

Deshalb freute ich mich letzten Samstag besonders, als Ruth Dreifuss an der Delegiertenversammlung der SP Schweiz das Stimm- und Wahlrecht für alle forderte. Wer mindestens fünf Jahre in der Schweiz wohnt und hier Steuern bezahlt, soll mitentscheiden können. Bis 1971 war die Mitbestimmung ausschliesslich den Männern vorbehalten. Heute ist davon ausgeschlossen, wer nicht über das Schweizer Bürger*innen-Recht verfügt. Das ist nicht richtig, denn wer von einem Entscheid betroffen ist, soll an diesem Entscheid auch teilhaben können. Für diesen Schritt ist es jetzt Zeit!

Neues Jahr, neue Ämter

Mein politisches Jahr begann erfreulich. Am 18. Januar sprach mir die SP-Fraktion das Vertrauen aus und wählte mich zu ihrer neuen Fraktionspräsidentin. An der Stadtratssitzung vom 23. Januar 2021 wählte mich zudem der Thuner Stadtrat zur 1. Vize-Stadtratspräsidentin. Die Wahl in beide Ämter freut mich, sie sind ein Zeichen der Wertschätzung meiner bisherigen politischen Tätigkeit. 

Als Fraktionspräsidentin will ich die drängenden Fragen und Herausforderungen in unserer Stadt sachlich angehen und tragfähige Lösungen zum Wohl der Menschen in Thun finden. Es ist nachvollziehbar, dass in einer Fraktion unserer Grösse unterschiedliche Meinungen vertreten sind. Gerade deshalb ist es mir wichtig, dass der offene Meinungsaustausch auf einer sachlichen Ebene geführt wird und die Lösungsfindung – und nicht die persönliche Befindlichkeit – jeweils im Mittelpunkt steht. Ich habe mich in der Vergangenheit in verschiedenen Komitees für Gemeindeabstimmungen engagiert und kenne die Herausforderung, unterschiedliche Ansprüche zu einem «Gemeinsamen» zu vereinen. Wenn wir für die Stadt Thun und nicht nur in der Stadt Thun politisieren wollen, müssen wir dies als starke Fraktion tun. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit und danke der SP-Fraktion für ihr Vertrauen.

Dass mich der Stadtrat zur 1. Vizepräsidentin wählte, war am 22. Januar natürlich ein Nebenschauplatz, die gesamte Aufmerksamkeit galt bei der Wahl völlig zu Recht dem neuen Stadtratspräsidenten Roman Gugger, dem ich an dieser Stelle nochmals herzlich gratuliere. Und doch stehe ich als 1. Vizepräsidentin nun in «den Startlöchern» und wenn alles gut läuft, wird 2022 mein Jahr als Stadtratspräsidentin. Darauf freue ich mich natürlich heute schon sehr. Mein Engagement als Politikerin verstehe ich als Engagement für die Menschen. Mein Stadtrats-Amt ermöglicht es mir, mich aktiv an der Entwicklung Thuns zu beteiligen, wobei stets die Lebensqualität aller Thuner*innen im Fokus stehen muss. Ich bin fest entschlossen, mich dafür auch in Zukunft einzusetzen.

Frauenrechte sind Menschenrechte

Der 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte, deren erster Artikel mit den Worten beginnt: «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.» 
Nicht zufällig enden heute die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*», die am 25. November mit der internationalen Aktion «Orange the World» ihren Anfang nahmen, als weltweit städtische Wahrzeichen orangefarben beleuchtet wurden. Orange bedeutet Gefahr, das kennen wir alle. Gleichzeitig gilt Orange als die Farbe der Kommunikation. Mit dieser Farbe soll dazu aufgefordert werden, miteinander zu reden und Konflikte auszudiskutieren, statt Gewalt anzuwenden. 
Am 1. April 2018 trat die Istanbulkonvention für die Schweiz in Kraft. Sie ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und gilt als das umfassendste internationale Übereinkommen, das sich die Bekämpfung dieser Art von Menschenrechtsverletzung zum Ziel setzt. Davon ausgehend haben während zweier Jahre acht Frauenorganisationen in Thun und dem Berner Oberland unter dem Titel «We stand up for women» an acht Anlässen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt. Denn auch bei uns sind Frauen heute noch geschlechterspezifischer Gewalt ausgesetzt. Das Thema der häuslichen Gewalt, deren Opfer mehrheitlich Frauen sind, rückte gerade im Frühling im Zusammenhang mit dem Lockdown vermehrt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Dunkelziffer ist hoch und die Betroffenen sind auf unsere Unterstützung angewiesen. 
In Thun bedeutet dies konkret, dass ein ausreichendes Angebot an Plätzen im Frauenhaus Thun-BeO sichergestellt und die Opferhilfe durch niederschwellige Beratungsangebote ausgebaut werden müssen. Zudem braucht es Anschlusslösungen für jene Frauen, die aus dem Frauenhaus austreten. Um sie auf ihrem Weg zurück in ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu unterstützen, könnte die Stadt beispielsweise geschütztes Wohnen in stadteigenen Liegenschaften ermöglichen. Information und Diskussion in der Öffentlichkeit sind erste Schritte zur Gewaltprävention. Dazu können wir alle beitragen.
Frauenrechte sind Menschenrechte und müssen endlich respektiert und eingehalten werden. In Thun und überall auf der Welt.

Ein JA zum Anstand

Gleich zwei Fahnen für die Konzernverantwortungsinitiative hängen an unserem Gartenzaun. Die Zustimmung bei uns im Haus ist also gross. 
Die Konzernverantwortungsinitiative bildet für mich den Begriff Nachhaltigkeit eindrücklich ab, denn sie verlangt den Einklang von Menschen, Umwelt und Wirtschaft – selbstverständlich auf der ganzen Welt.
Mit Logik ist ja nicht zu erfassen, warum für Schweizer Konzerne im Ausland nicht gelten soll, was hierzulande gilt. Kinder, die zu Kinderarbeit gezwungen werden, sind auch im Ausland Kinder, die zu Kinderarbeit gezwungen werden. Es spielt auch absolut keine Rolle, durch welche Gegend ein vergifteter Fluss fliesst. Ist der Verursacher der Umweltkatastrophe ein Schweizer Konzern, soll er in der Schweiz dafür zur Rechenschaft gezogen werden können. Denn Umweltschutz und Menschenrechte hören nicht an der Grenze unseres kleinen Landes auf. 
Schweizer Grosskonzerne wie Syngenta, Glencore oder der Metallkonzern IXM dürfen nicht auf Kosten von Menschen und Umwelt Riesengewinne erzielen, während wir unser kleines Gärtchen «Schweiz» hegen und pflegen und so tun, als sähen wir nicht, was ausserhalb des Gartenzauns geschieht. 
Oder um es mit den Worten der Nationalrätin Samira Marti zu sagen: «Dass man anständig wirtschaftet und für von sich selbst verursachte Schäden geradesteht, ist eine Selbstverständlichkeit. Im Volksmund nennen wir das Anstand.»

Solidarität kennt keine Frist

Der Lockdown und die damit einhergehende Schliessung aller Geschäfte, Gastrobetriebe und Kulturlokale waren ein Schock. Ich begrüsste deshalb den Solidaritätsfonds der Stadt Thun in der Höhe von 2 Mio. Franken. Doch diese gut gemeinte Massnahme zeigt offenbar nicht die erwünschte Wirkung. 300 Gesuche waren erwartet worden; 26 gingen bis Mitte September ein; nur 10% der 2 Mio. Franken wurden bisher gesprochen.

Ich wollte dazu Genaueres wissen und fühlte deshalb dem Gemeinderat an der Stadtratssitzung vom 17. September in der Fragestunde F18/2020 etwas auf den Zahn. Zusammengefasst lautet dessen Antwort: Die Hilfsmassnahmen von Bund und Kanton genügen offensichtlich und decken einen grossen Teil der benötigten Unterstützung ab. Zudem vermutet der Gemeinderat, dass die negativen Auswirkungen in Thun bisher allgemein weniger gravierend ausfallen als im Frühjahr befürchtet.

Mir persönlich greift dies zu kurz. Haben die Gewerbetreibenden, Selbständigen und Dienstleistungsunternehmungen wirklich genügend Reserven, jetzt, da sich abzeichnet, dass sie noch Monate mit Einschränkungen und somit wohl reduziertem Geschäftsgang leben müssen? Können wirklich alle Arbeitsplätze in den Thuner KMU’s erhalten werden? Im Gespräch mit Betroffenen hörte ich, dass «andere noch schlechter dran sind» und deshalb kein Gesuch gestellt wurde. Manchmal schimmert auch der Stolz durch, man schaffe das allein, wolle nicht auf die Stadt angewiesen sein. Dabei geht vergessen, dass Thun diese Geschäfte und Betriebe braucht. Sie sind ein Teil jener Lebensqualität, die unsere Stadt ausmacht. Und sie bieten Arbeitsplätze. Es sind absolut keine «Almosen», sondern wie es der Name schon sagt, handelt es sich um ein Zeichen der Solidarität: Die Gewerbetreibenden, Selbständigen und Dienstleistungsunternehmen waren und sind der Stadt Thun wichtig, nun steht sie ihnen in der schwierigen Zeit bei. 

Möglicherweise wurde die Dauer der Massnahmen im Frühjahr auch unterschätzt. Darauf deutet der Anstieg der telefonischen Anfragen gegen Ende der Laufzeit des Solidaritätsfonds hin. Ich begrüsse es deshalb sehr, dass der Gemeinderat in seiner Antwort schreibt, dass die Frist für die Gesuche bis Ende 2020 verlängert wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie werden – und da sind wir uns wohl alle einig – erst längerfristig spür- und messbar sein. «D Längi macht d Strängi», lautet das Sprichwort. Wenn es dem Gemeinderat mit dem Fonds also wirklich ernst ist, bindet er Solidarität nicht an eine Frist, sondern orientiert sich an der Wirklichkeit. 

Frauen*streik 2020 in Zeiten von Corona

Ein Jahr nach dem Frauen*streik vom 14. Juni 2019 stehen wir wegen der Corona-Krise vor unerwarteten zusätzlichen Herausforderungen: Wie können die akuten Folgen der Krise bewältigt werden? Die letzten Wochen haben gezeigt, dass vor allem Frauen* in systemrelevanten und gleichzeitig schlecht bezahlten Berufen wie Kinderbetreuung, Detailhandel, Reinigung und Pflege arbeiten. Und dazu den grossen Teil der unbezahlten Care-Arbeit leisten. Es braucht dringend Fortschritte in Gleichstellung, Lohngleichheit und Lohngerechtigkeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Unterstützung von Migrant*innen. Auf den Punkt gebracht: Respekt, mehr Lohn, mehr Zeit – jetzt erst recht!
Frauen* sind durch die Corona-Krise mehrschichtig betroffen. Deshalb unterstütze ich den Appell an den Bundesrat und das Parlament «Wann, wenn nicht jetzt? Frauen* zählen!»

Link zum Appell

Am heutigen Frauen*streiktag, dem 14. Juni 2020 werde ich zur Erholung frau*lenzen, mich queerstellen und in schönen Erinnerungen an 2019 schwelgen und dann geht’s weiter mit dem Engagement für eine solidarische Gesellschaft für alle!
https://frauenstreik-thun-beo.ch

Corona Krise

Auch einen Monat nach dem Lockdown ist die Situation für die Kitas und andere Betreuungsangebote wie Tagesfamilien oder Spielgruppen nicht geklärt. Finanzielle Unterstützung wird seit Wochen in Aussicht gestellt, aber konkret haben weder Bund noch Kanton Massnahmen definiert für die systemrelevanten Kinderbetreuungsangebote. Ein unhaltbarer Zustand! 
Es besteht dringender Handlungsbedarf, auch auf Gemeindeebene. Im Namen der SP Thun habe ich deshalb einen offenen Brief an den Gemeinderat verfasst.

Kita
Kita Thun